Sonntag, 18. Mai 2008

Pertouli 30 km

Pünktlich um 20 vor 7 war ich wieder am Hotel. Wir fuhren zum Skizentrum, um uns anzumelden und die Nummern abzuholen. Zusammen mit den Nummern gabs die Essensbons. Im benachbarten Elati, einem recht touristischem Ort, gabs für uns Sportler in einer Taverne gesponsert einen Teller Spaghetti Bolognese. Zunächst drehten wir noch eine Runde durch den Ort und gingen dann zum Essen. Inzwischen hatten wir auch Kostas, der mit der ganzen Familie angereist war, getroffen. Zum Glück wurde deren Kleiner nach dem Essen so knatschig, dass sie sofort zum Hotel zurückfuhren und ich mitkonnte. Denn die anderen kamen erst nach 12 und ich wollte doch frisch sein. Wir mussten um 6.30 raus. Um 8.00 Uhr sollte der Startschuss sein.
Also noch schön geduscht und vom Balkon aus noch ein wenig das Mondlicht des nun fast vollen Mondes, der über den Gipfeln stand, genossen. Die Nacht war ruhig und fast wolkenlos. Die Luft lau, was sollte ich nun anziehen? Die dicke Hose, ich fror ja leicht, oder doch die dünne? Besser die Dicke. Ein Unterhemd und ein Shirt, das war klar. Auch das Stirnband mit Sonnenschutz war klar. Nur die Hose, hm. So lag ich dann im Bett, döste vor mich hin, schlief ein wenig ein um sofort wieder aufzuwachen. Immer noch nicht da, die andern. Irgendwann kamen sie, ich nahm noch ein paar Schluck aus meiner Wasserflasche und dann schlief auch ich ein, bis….
ich durch Schnarchgeräusche wieder geweckt wurde. Guuut, dass ich meine Oropax mithatte. So schlief ich bis kurz vor den Wecktönen der Handys. Wolkenloser Himmel, die Sonne kam schon über den Berg. Christo, welche Hose soll ich denn nun anziehen? Doch besser die Dünne, oder? – Also, wenn du leicht frierst, dann natürlich die Dicke, oder siehst du, dass es hier irgendwo warm ist? Für Griechen sind ja auch 20 Grad noch kühl. Also gut, die Dicke. Ich hatte meinen Trinkgurt mit 4 1/4-l-Flaschen Isodrink fertiggemacht, aber auch die anderen meinten, das sei zu viel, zu schwer, also nur 2 Fläschchen und die andern beiden zum Frühstück.
Frühstück! Hm, wir hatten ja gesagt, dass wir früh los müssten, wegen des Wettkampfes, und um 7 frühstücken wollten. Nur – die Weiterleitung der Info hatte wohl nicht so ganz geklappt. Die Dame in der Küche entschuldigte sich und beeilte sich, uns ein paar Sachen rauszustellen. Brote mit Marmelade, Honig und Nussnougat reichten uns ja. Auch ein wenig Kaffee, ruckzuck, waren wir fertig.
So, also dann heute die erste Hälfte eines Marathons, meinte ich zu den anderen, indem ich ihnen den Forumsspruch erzählte. Oh nein, meinte Christos, das hier ist nicht zu vergleichen mit den ersten 30km eines Marathons, das hier ist schon eine Nummer härter. Er war diesen Lauf schon ein paar Mal gelaufen. Oh, hm, naja, wird schon irgendwie klappen. Schließlich hatte ich viel trainiert seit Anfang des Jahres.
Angekommen am Start liefen wir uns ein wenig warm, es waren um die 200 Läufer gekommen, eine stolze Zahl für einen Lauf in so abgelegener Gegend. Frauen? Ah, da ist eine. Die könnte in meiner AK sein. Ah, und da zwei Jüngere. Sonst keine zu sehen. Vor dem Startschuss wurde ein Eid gelesen. Und ab gings. Alles bestens, ich genoss die Landschaft und hielt mich im hinteren Feld ganz gut. Die vor mir sagten etwas von 3:20. Prima, so etwa hatte ich ja auch geplant. Wo war denn jetzt endlich km1? 6min, 7 min, 8min. Nichts. Oh, keine km-Schilder? Gut, dann halt so. Nun war der erste Anstieg geschafft und es ging bergab. Hei, wie das lief. Einfach in großen Sprüngen locker runterziehen lassen. Ich überholte und rannte und genoss es. Unten angekommen bog der Weg jetzt ab von der Straße in den Wald. Schotterweg. 5km, aha, anscheinend alle 5 km ein Schild, auch gut – 30 min, hui, ich hatte 32 kalkuliert.
Jetzt kam wieder Steigung. Schön langsam, immer im Rhythmus, einer schnaufte hinter mir, vor mir war keiner mehr zu sehen, nachdem einige von denen, die ich überholt hatte, mich ihrerseits wieder überholt hatten. Die Landschaft war unbeschreiblich schön. Links ging es den Wald steil hinunter und in der Tiefe rauschte ein reißender Gebirgsbach. Die Vögel zwitscherten, die Bienen summten, die Temperaturen waren angenehm.
Der Weg führte durch ein Dorf. Eine Frau vor einem malerischen Häuschen meinte: Bravo! Wenn du es nicht so eilig hättest, würde ich dich auf nen Kaffee einladen. Ich lachte und lief weiter. Ein paar Meter weiter ein paar Leute vor ihrem Haus klatschten Applaus: Bravo! Noch eine Frau, und dazu auch noch ne hübsche. Du bist die Fünfte. Ich fühlte mich sauwohl in meiner Haut. Und wieder in den Wald. Immer noch bergauf.
Hoppla. Was war das? Das linke Knie. Ich spürte es nur leicht, aber ich kannte das, von ganz früher beim Wandern. Besser mal nen Gang zurücklegen, als nachher Probleme haben. Endlich oben, ich hob die Arme und rief meinem schnaufenden Hintermann zu: Endlich! Das wars! Fürs erste! – Viel Kraft und komm gut ins Ziel! rief er mir zu. Er überholte mich, ich musste mein Knie schonen. Auf der Hochebene angekommen, herrliche saftige Wiesen, Kühe, Ponys, ein Genuss. Da, die nächste Wasserstation. Wie viel km haben wir hier? Ein Stückchen noch, dann sinds 10. Prima. Aber das Knie. Mittlerweile war ich allein. Und jetzt gings bergab, und wie. Gift fürs Knie. Ich hielt an, dehnte ein wenig. In der Zeit war ich nicht schlecht. 38 min die zweiten 5. Aber jetzt gings nur noch langsam voran. Station 15 km. Noch 2 km und dann kam die befürchtete Steigung. Ich freute mich drauf. Bergab war zur Tortour geworden. Hätte ich doch meine Kniebinden eingesteckt! Ah, da, der Krankenwagen vor mir. Er hatte angehalten, weil er eine Kreuzotter überfahren hatte. Habt ihr vielleicht ne Kniebinde? rief ich schon von weitem. – Nein. – Gut, dann gebt mir einen Verband. – Klar doch, sofort! Verband, hm, in dieser Schublade? Nein. Im Schränkchen? Nein. Wo sind die denn nur? Ich verfluchte mal wieder die griechische Organisation. Na endlich. Schnell umwickelte ich mir das Knie ein wenig unterhalb und wollte den Rest abschneiden. Schere? – Klar, haben wir. Hm, aber wo? Hier nicht, da nicht? Messer? Feuerzeug?.... Nichts. Ich stopfte den Rest des Verbands oben in die Hose und lief weiter. Ging schon wesentlich besser. Aber Tempo war nicht mehr drin. Endlich gings wieder bergauf. Ich holte einen Läufer ein, der von Krämpfen gepeinigt wurde. Ein Stück liefen wir zusammen, dann musste ich noch mal anhalten. Noch ein wenig dehnen. Langsam aber stetig lief ich den Berg hoch. Eigentlich klappte es ganz gut. Und nun kamen wir wieder auf die Straße. Einfach weiterlaufen. Bei km 20 wollte ich meinen Rest Isodrink zu mir nehmen. Dann noch ein km bergauf, der Rest war relativ flach. Aber was heißt relativ flach, das geringste Gefälle peinigte mein Knie. Noch 8 km, in der Ferne sah ich den kleinen Dicken, der mir auf den ersten Metern aufgefallen war. Auch er quälte sich sichtlich voran. Jetzt kamen mir die anderen mit dem Auto entgegen, sie hatten es geschafft und fuhren zum Duschen. „Bravo, Beate, wir kommen gleich zurück! Lauf weiter!“ „Meine Knie!“rief ich nur, dann waren sie vorbei. km 25. Nur noch 5 km. Frösche quakten um die Wette im Sumpf neben der Straße. Einfach ignorieren, die Schmerzen. Jetzt fing das rechte Knie auf der Innenseite auch noch an und der linke Fuß begann zu krampfen. Aber jetzt geb ich nicht auf! Meine Gangart war so ein Zwischending von Laufen, Gehen und Humpeln. Tempo: knapp 8min/km. Ich bekam den Tunnelblick. Lass den Körper laufen und geh raus, denk an was andres. Ging natürlich nicht, aber die Zeit ging rum. Ich holte den kleinen Dicken ein. „Mein Freund bringt mir Bananen, ich geb dir auch eine.“ meinte er. Ich wollte nur Wasser. Tatsächlich kam der Freund mit dem Fahrrad, gab mir ne Banane und ne Flasche Wasser. Banane in die Tasche, und trinken, ah, das tat gut.
Auf einmal blieb ich stehen, einfach so, also mein Körper, von ganz allein. NEIN!! Das gibt’s nicht, noch nicht. Weiter. Das Gefälle in jeder Kurve bereitete aufs Neue stärkere Schmerzen. Noch 2km. Da kamen von hinten die anderen mit dem Auto. Sie fuhren eine Weile neben mir her, munterten mich auf, ich habe das prima geschafft, tolle Zeit, auf, hinter Kurve ist das Ziel. „Ich will ein Foto“ rief ich und sie fuhren voraus. Einen Meter vor dem Ziel wartete der kleine Dicke auf mich um Hand in Hand mit mir hindurchzulaufen. Ich war gerührt. Wir schlugen die Hände zusammen. Geschafft!! 3:45 Für DIE Strapaze wars gar nicht so schlecht. Ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Ab ins Gras. Geschafft! Sch…knie! Hätte so gut laufen können. Na ja, ich war einfach den ersten Berg zu schnell runtergelaufen. Man lernt halt immer dazu.
So, wir mussten los, wir wollten die Fähre bekommen. Auf Nachfragen erfuhr ich, dass ich in meiner Kategorie (Frauen über 45) bisher die erste war, und da wir es eilig hatten, könne ich mir meinen Pokal nehmen. Gesagt, getan. Jannis fuhr mit mir ins Hotel, ich duschte, packte und ab die Post. Als wir am Skizentrum wieder vorbeikamen, wo Christos auf uns wartete, war so ziemlich alles schon zusammengepackt, aber das Treppchen stand noch da. Nichts wie drauf und: Foto mit Pokal.
Auf der Rückfahrt wars furchtbar heiß, aber Jannis machte das schon ganz gut. Wir kamen eine halbe Stunde vor Abfahrt der Fähre an und Kostas, der Physiotherapeut ist, meinte, ich solle das Knie ins Wasser tun. Hose hoch und rein ins Meer. Oh, wie tat das gut. Dann noch eine knappe Stunde Fährfahrt und wir liefen in den heimatlichen Hafen ein.

Eine Erfahrung mehr. Ich werde den Olymp ganz langsam angehen.

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